„Der Hauptort des Ramsautales ist Ramsau, ein schmuckes Örtchen, inmitten lieblicher Gefilde voll malerischer Abwechslung.“ (Aus: Lilienfelder Heimatkunde, 1912) Der Name Ramsau ist höchstwahrscheinlich slawischen Ursprungs, er setzt sich zusammen aus dem slawischen „Hrom“ und „au“. „Hrom“ bedeutet durch Wasser verursachten Donner und Lärm. Tatsächlich hatte das Ramsautal Jahrhunderte unter Hochwasser zu leiden. Die Flutwellen von 1940 und 1976 hinterließen enorme Schäden. Schreibweisen wie Rabensau, Ramsaw und Ramesowe finden sich in alten Urkunden. Der in unserem Gebiet häufig vorkommende Bärlauch - althochdeutsch „hramusa“ - volkstümlich „Knofelkraut“ genannt, wird manchmal als namensgebend gedeutet. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahre 1161, als die Pfarrkirche Ramsau als Filialkirche von Hainfeld genannt wird. Der durch den Ort fließende Ramsaubach führte in früherer Zeit die Bezeichnung „innere Gölsen“, die vom Unterberggebiet kommt. Das Bauernhaus „Ramsel“ in der Unterried weist hingegen darauf hin, dass das dort vorbeifließende kleine Bächlein der eigentliche Ramsaubach ist.
Das im Jahr 1996 verliehene Gemeindewappen gibt Auskunft über die Geschichte des Ortes seit dem Mittelalter. Es zeigt eine aus dem Schildfuß wachsende grüne Tanne, in der zwei schräggekreuzte silberne Sensen und der goldene Drudenfuß zu sehen sind. Zwei heraldische blaue Lilien dominieren das in Grün, Gelb und Blau gehaltene Wappen.
Als Herren von Ramsau kann eine kleine hier ansässige Adelsfamilie von 1263 bis 1414 nachgewiesen werden, die ein eigenes Wappen führte: Im unteren Feld des Wappens prangt der Drudenfuß, ein in einem Zug gezeichneter 5-zackiger Stern (Pentagramm), der aus dem Wappensiegel der Herren von Ramsau aus einer Lilienfelder Urkunde stammt. Der Drudenfuß wurde aus der vorchristlichen Zeit in das mittelalterliche Denken übernommen und fungierte als Schutz- und Abwehrzeichen.
Das Bauernhaus „Hauser“ nächst der Pfarrkirche ist wahrscheinlich der Standort, wo sich die „kleine Veste“ - also ein steinernes Haus -, der Herren von Ramsau befunden hatte. Die Pestsäule in Unterdörfl „Am Ramsaubach“ 1 gibt Zeugnis von den Ramsauer Pesttoten des Jahres 1679. Das Ramsauer „Türkenloch“ in der Oberried - eine Karsthöhle - erinnert an die Türkenbelagerungen von Wien der Jahre 1529 und 1683. Beim Rückzug 1683 kam die osmanische Soldateska über die uneinnehmbare Araburg ins Ramsautal, sie brandschatzten, plünderten und entführten Ramsauerinnen und Ramsauer. Ambros Becziczka schreibt über das Straßendorf Ramsau im Jahre 1825: „Ein Pfarrdorf mit Amt von 20 Häusern, wovon Lilienfeld die nächste Post, 5 Stunden entfernt ist (…). Die Seelenzahl beträgt 41 Familien, 84 männliche und 93 weibliche Personen und 28 schulfähige Kinder; der Viehstand: 15 Pferde, 16 Ochsen, 40 Kühe, 46 Schafe und 50 Schweine (…).“ Der historisch bedeutendste Grabstein am Ramsauer Friedhof stammt aus der Biedermeierzeit und gibt Zeugnis von den ehemaligen Sensengewerken in Ramsau. Schon ab dem Jahre 1469 sind Eisenhämmer an der „inneren Gölsen“ historisch nachweisbar. Der Flurname „Hammerbichl“ im Oberdörfl zeugt von den Hammerwerken in unserem Ort. 1825 bestanden noch zwei Eisenhämmer und zwei Sensenschmieden in Ramsau. Die Ramsauer Sensen waren begehrt und wurden ins Osmanische Reich und nach Russland exportiert.
Durch den Bau der Leobersdorfbahn erfreute sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts Ramsau als eine beliebte Sommerfrische. In der Folge wurden einige Villen von Wiener Familien errichtet. Anton und Antonia Adam boten ab 1883 im „Gebirgs-Curort Adamsthal“ den Sommergästen ein Hotel mit Speisesaal, ein Freibad und eine Kegelbahn. - Die für die Ramsauer Bevölkerung oft aufgesuchten Ausflugs-Gasthäuser „Hofer“ und „Zur Felsenwand“ (Kantner) gibt es nicht mehr. Die traditionellen Gastwirtschaften im Ort, der Gasthof Gruber, der „Gasthof zur Brücklmühle“ sowie das Restaurant „Golf und Genuss im Adamstal“ werden heute von Gästen und Einheimischen gerne besucht.
Pfarrkirche von Ramsau - ein Juwel der Gotik und der Neugotik. Die der „Unbefleckten Empfängnis Mariae“ geweihten Pfarrkirche - darauf weist eine blaue Lilie im Gemeindewappen hin - entstand der Chorraum mit Birnstabrippen, Säulchenkonsolen und schlanken gotischen Fenstern im 14. Jahrhundert. Das Langhaus und der Orgelchor entstammen der Spätgotik. Eine kunstvoll geschnitzte gotische Madonna aus Lindenholz aus 1450 ziert den 1783 aus Türnitzer Marmor errichteten Hochaltar. Der Turm ist erst 1837 angebaut worden. 1901 - 1905 erfolgte durch den Architekten D. Avanzo eine grundlegende Renovierung der Kirche im neugotischen Stil. Die äußeren Zubauten, die Erhöhung des Turmes und die Anbringung des schmiedeeisernen Gitters an der Straßenseite haben aus dem Erscheinungsbild der Kirche ein Juwel der Neugotik werden lassen.Die Pfarre Ramsau war bis 1783 unter Aufsicht des Stiftes Göttweig und dadurch eine Filialkirche von Hainfeld - ist jedoch seit dieser Zeit eine inkorporierte Pfarre des Stiftes Lilienfeld, worauf die zweite blaue Lilie im Gemeindewappen hinweist.
Die Land- und Forstwirtschaft in Ramsau hat lange Tradition. Der älteste urkundlich nachweisbare Bauernhof in Ramsau ist das Haus „Lechner“ im Schneidbach: Am 25. Mai 1310 verkaufte Marchart der Pielacher einen Hof „an dem Lehen im Snaitbach.“
In den letzten Jahrzehnten ist im Ort ein Wandel von den Vollerwerbsbauern zu den Nebenerwerbsbauern zu beobachten. Gab es in den 1960ger Jahren noch zahlreiche Äcker mit Getreideanbau im Sinne der Selbstversorgung, so dominiert heute die Grünlandbewirtschaftung und die Erhaltung der Wiesen und Wälder als Kulturflächen. Die Forstwirtschaft nimmt einen bedeutenden Stellenwert ein.
- Die Hammerwerke und Sensenfabriken wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von der Posamentierwarenfabrik Zerkowitsch (Spitzen, Kordel, …), wo vorwiegend an die 300 Frauen arbeiteten und der Hieb- und Stichwaffenfabrik Zelinka abgelöst. Säbel und Bajonette sind bei Zelinka bis zum Kriegsende 1918 in Ramsau geschmiedet worden.
- Der Erste Weltkrieg und die Jahre danach brachten Mangel, Elend und Hunger ins Ramsautal. Der Zusammenbruch der Holzwarenfabrik Sauermann (heute: Areal Gemeindehaus und FF-Haus) sollte im Jahre 1932 die Verarmung der Ramsauer Arbeiterfamilien beschleunigen.
- Bei der Landtagswahl 1932 wurde die nationalsozialistische Partei mit 174 Stimmen zur stimmenstärksten Gruppierung im Ort.
- Im Zweiten Weltkrieg wurden wehrfähige Ramsauer nach und nach zum Wehrdienst eingezogen.
- Die Kämpfe zwischen der deutschen Wehrmacht und der Sowjetarmee tobten zwischen 23. und 27. April 1945 in und um Ramsau. Insgesamt fielen auf Ramsauer Gemeindegebiet 77 Soldaten und fünf Zivilisten kamen ums Leben. Auch Bomben wurden auf das Gemeindegebiet abgeworfen.
- Die Möbelfabrik Weikersdorfer bot in den 50ger und 60ger Jahren rund 300 Menschen in Ramsau Arbeit. F. & E. Weikersdorfer eröffneten gegen Ende der 1950er Jahre das „Erste N.Ö. Spanplattenwerk“.
- In der zweiten Hälfte der 1970ger Jahre erfolgte die Regulierung des Ramsaubaches. Der Fußballplatz und der idyllische Tennisplatz im Wald sind errichtet worden. Der Golfplatz Adamstal ist in den 1990er Jahren errichtet worden und erfreut sich großer Beliebtheit.
- Ramsauer Feuerwehrhaus II in Unterdörfl (Errichtung 1963), Errichtung der Turn- und Mehrzweckhalle (2000), Errichtung des Gemeindehauses (1990), Neubau des Ramsauer Feuerwehrhauses III und des Hauses der Trachtenkapelle Ramsau (2012) sowie der Neubau des NÖ Landeskindergarten mit Tagesbetreuungseinrichtung (2018).
- Der Ramsauer Franz Wittmann avancierte in den 1970ger Jahren zum Rallye-Star. Als zwölffacher Staatsmeister und zehnfacher Sieger der Jänner-Rallye hat er österreichische Rallyegeschichte geschrieben.
Text zur Geschichte: Prof. Dr. Franz Vonwald
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